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Gaumenfreuden aus der Seestadt

Wenn im Winter die Seeluft rauer wird, werden wir im Norden hungriger. Gut, dass wir uns auf erstklassige Gastronomen, Lieferanten, Bauernhöfe und Händler verlassen können! Sie sorgen nicht nur für unser Leibeswohl: Mit viel Herz und Weitsicht entwickeln sie ständig neue Strategien, um die Umwelt zu schonen, Tierwohl zu fördern und regionalen Einkauf zu ermöglichen.

Leckere Nordsee-Küche

Jeder weiß: Die Nordsee-Küche wird von jeher durch Fisch und Krabben geprägt. Wobei es sich bei der „Krabbe“ eigentlich um die Nordseegarnele handelt, die an der Küste auch als „Granat“ bekannt ist. Noch heute laufen Krabbenkutter in die Nordseehäfen ein und bringen ihren Fang frisch auf den Teller – auch im Winter, wenn die Krabbe in tieferen Gewässern zu finden ist. Weit laufen muss man für diese kulinarischen Eindrücke nicht: Direkt in der Einkaufspassage der Oberen Bürger liegt das Restaurant Schiffergilde. Hier hast du Ausblick auf die Skyline der Seestadt und kannst dich durch die Vielfalt unseres Heimatmeeres schlemmen – Krabbensuppe, Scholle, Lachs, Kabeljau oder Heilbutt, dazu ein knackiger Salat. Ein Erlebnis für Touristen und Einheimische!

Etwas Italien in Bremerhaven

Die wirtschaftsstarke Gastronomie in Bremerhaven zieht traditionell auch Fachkräfte aus anderen Ländern an. In Geestemünde hat sich La Piazza neben einer handerlesenen italienischen Speisekarte samt aromatischen Trüffeln auf eine maritime Küche spezialisiert. Der Seeteufel etwa ist im Mittelmeer wie auch im Nordatlantik beheimatet. Dieses Beispiel zeigt, dass regionale Essgewohnheiten Menschen nicht trennen, sondern Gemeinsamkeiten zutage bringen – zumal Genuss sowieso immer verbindet!

Regionalität an der Küste und im Geestland

Doch nicht nur die Fischereihäfen sind für unsere regionalen Spezialitäten von Bedeutung. Im Umland sorgt ein vielfältiges Netzwerk an Bauernhöfen, Biohöfen und kleinen Produktionsstätten dafür, dass Zutaten reif geerntet und direkt verkauft oder handverarbeitet werden können. Der Respekt vor Nutztieren spielt dabei eine große Rolle.

Fleisch aus verantwortungsvollen Quellen

Die Heino Mühlenbeck Fleischwaren GmbH lässt Kälber bei ihren Müttern aufwachsen und hält Schweine in Offenställen. Im Elbe-Weser-Dreieck betreibt der Angushof Hubert eine ökologische Rinderzucht, die ohne Mästung oder künstliches Wachstum auskommt. Nach Absprache ist auch eine Hofbesichtigung möglich. Ebenso bietet Regionalfleisch Kalka seinen Rindern eine gesunde Kost, dazu Freilauf auf der Weide und kurze, stressfreie Transporte. In Kalkas eigenem Hofladen hast du die Wahl zwischen verschiedenen Sorten an Kartoffeln, frischen Eiern und saisonabhängigem Gemüse.

Wie wäre es mit einer kulinarischen Reise, auf der du die Angebote selbst ausprobierst?

Mit allen Sinnen: Die Genuss-Kolumne von Steffen Heumann

Jahrelang war Steffen Heumann Geschäftsführer und Gastgeber im Restaurant PIER 6 am Neuen Hafen. Seit Juni dieses Jahres sucht er nach neuen beruflichen Herausforderungen. Währenddessen hält der gut vernetzte Gastronom und Feinschmecker Augen, Ohren und Geschmacksknospen offen – und lässt uns an seinen Entdeckungen teilhaben.

Luxus vs. Bodenständig

Am ersten Tag meines Urlaubs in der Schweiz, auf einer einsamen Hütte im Kanton Wallis auf 1333 Metern Höhe angekommen, wurde mir bewusst, wie wir in unserer Gesellschaft und unserem täglichen Umfeld mit Luxus und Selbstverständlichkeiten übersät sind. Angekommen in dem kleinen Ort Saint-Martin mit seinen schmalen Gässchen, umgeben von kleinen Wasserfällen und typischen Blockhäusern, die auf einem seltsamen Fundament – sogenannten Mäuseplatten – standen. In einem Dörfchen, das kaum Möglichkeiten bietet, sich mit Lebensmitteln und anderen Gebrauchsgegenständen auszustatten, habe ich mir Gedanken über das Leben der Einheimischen hier im Ort gemacht.

Das einfache Leben

Manche Eltern oder Großeltern kennen noch die mühseligen Vorbereitungen für die kalte und dunkle Jahreszeit und für das lange trostlose Frühjahr. Wie regelt man das Thema Nahrung während dieser langen Zeit? Das Konservieren von Lebensmitteln, wie Einwecken, Einlegen, Fermentieren, Räuchern oder Trocknen – all das gehörte damals zur Vorbereitung. Wenn ich mich an meine Kindheit zurückerinnere, liebte ich die eingemachten Kirschen meiner Mutter – aus dem eigenen Garten natürlich – in Kombination mit Reisbrei. Oder zur Brotzeit die eingelegten Essiggurken. Ein Traum!

Mamas beste Erdbeermarmelade

Als wir an einem sonnigen Urlaubsmorgen über einen Wochenmarkt liefen und die Marktbeschicker ihre einheimischen Produkte präsentierten, sah ich handgelesene Erdbeeren, die für Marmelade geradezu perfekt waren. Direkt schossen mir die Bilder aus meiner Kindheit in den Kopf, wie wir auf Erdbeerfeldern kistenweise das süße Gut mit meinem Vater gepflückt haben. Meine Mutter wartete schon zu Hause auf die reichhaltige Ernte. Dann wurde die für mich weltbeste Marmelade stundenlang gekocht und eingeweckt. Der süße Duft der Liebesfrucht war noch die nächsten Tage in unserem Haus zu finden.

Ich verstand als Kind lange nicht, warum meine Eltern ihre selbstangebauten und geernteten Karotten in einem großen Bottich mit Sand bedeckten und lagerten. Oder warum der Weißkohl mit Salz bestreut und in großen Tontöpfen aufbewahrt wurde. Dann erinnere ich mich plötzlich an meinen Vater, der Forellen aus eigener Zucht räucherte und vakuumierte. Mein Großvater, der Metzger war, verwurstete das Gut und doste es ein. Geräucherte Fleischstücke wie Schinken oder Bratwurst wurden gefühlt „am laufenden Band“ produziert. Im Nachhinein sehe ich heute den Sinn aller damaligen Tätigkeiten. Als Kinder wurden wir fast immer mit einbezogen. Es war eine gemeinschaftliche Vorbereitung der Lebensmittel. Wir wussten, wo unser Essen herkam.

Zurück zu den Wurzeln

Als langjähriger Gastronom erkenne ich, dass man heutzutage verstärkt auf diese Arten der Haltbarmachung zurückgreift und Wert legt. Dazu zählt zum Beispiel die natural skandinavische Küche. Lebensmittel zu verarbeiten, ohne das Produkt durch die Zubereitung zu stark zu verändern, ist deren Motto. Dieser „neue alte Kochstil“ setzt sich aktuell in sehr vielen Restaurants in Szene. Sogar in den besten Sterne-Restaurants auf der ganzen Welt.

Ich denke, das ist gleichzeitig ein großer Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit und dabei ganz simpel hausgemacht. So wurde aus früheren Überlebensstrategien der Luxus von heute. Beim nächsten Restaurantbesuch einfach mal darauf achten!

Herzliche Grüße

Steffen Heumann